Heidnische Bräuche als feste Größen im Kirchenalltag

Weihnachtsbaum, Adventskranz, Osterhase, Ostereier, Jungfrauengeburt, Krippe sind hinlänglich bekannte Symbole für religiöse Feste. Dass diese Symbole aber nicht nur christlichen Bezug haben, wurde vielleicht schon im vorigen Kapitel deutlich. Und in der Tat finden sich viele Symbole auch schon vor der christlichen Zeit.
Der Adventskranz findet seine Historie vielleicht in der Geschichte vom Theologen Wichern, der im Jahre 1839 ein Wagenrad mit Tannenzweigen und Kerzen schmückte, um seinen ungeduldigen Kindern die Wartezeit auf Weihnachten zu verkürzen. Vielleicht aber auch im Julkranz der nordischen Tradition. Jul als das Rad des Lebens wurde als Kranz aus immergrünem Buchsbaum, Tannenbaum, Eibe, Fichte u.ä. geflochten und mit vier Kerzen bestückt, die alle angezündet wurden und bis zur Wintersonnenwende immer eine Kerze weniger zum Zeichen der abnehmenden Sonne. Zum Fest gab es dann ein großes Lichterfeuer. Gehen wir aber mal von der protestantischen Version des Wichernkranzes aus. Er fertigte ein Wagenrad mit vier großen und 19 kleinen Kerzen. Für jeden Tag zwischen dem ersten Advent und Weihnachten eine Kerze und für die Sonntage eine große Kerze. Ziel des ganzen war es, den Kindern die Wartezeit bildlich zu machen. So kann also jedes Kind sehen, auch wenn es noch nicht zählen kann, wie lange es noch bis Weihnachten dauert.
Das war eine christliche Institution, die Wichern leitete. Daraus abzuleiten, dass alles, was er tat, christlich ist, ist sehr kurzsichtig. Das Mittel der Visualisierung ist ein sehr probates Mittel in der Pädagogik. Und es ist unabhängig von glaubenspolitischen Richtungen oder Ausprägungen. In jeder Erzieherschule wird den angehenden Pädagoginnen und Pädagogen erklärt, mit welchen Mitteln man Kindern Dinge kindgerecht näher bringen kann. Das Wagenrad ist keine christliche Erfindung, die grüne Umrandung auch nicht. Kerzen gibt es schon lange, damit die Menschen im Dunkeln was sehen können. Die Visualisierung ist auch keine Gottgegebene Erneuerung. Nichtsdestotrotz wurde aus der Idee des Stifters für die Betreuung von Kindern ein christliches Symbol.
Leider fehlt in allen geschichtlichen Erzählungen der menschliche Antrieb, beim Anblick einer Blüte den Drang zu verspüren, an ihr zu riechen. Dies geht eindeutig und ohne bisher von irgendjemandem widersprochen auf die Urkultur der Welt zurück, als die Welt noch eine große Blumenwiese war und es nur so duftete, dass es eine Freude war. Damals, vor dem Urknall.