Angst als Erschaffer von Gott

Dass Herrscher Religionen erschaffen oder stärken, die ihre Macht stärken, haben wir gerade schon behandelt. Dabei spielt Angst dann eine große Rolle, wenn der Herrscher große Gegenwehr erlebt oder befürchten muss. Je größer die Gegenwehr, desto größer die Notwendigkeit, dass die Unterschicht den bestehenden Zustand nicht nur selber will, sondern sogar Angst haben muss, das System zu verändern. Der Wunsch etwas zu erhalten und die Angst davor etwas zu verändern sind zwei unterschiedliche Antriebe. Eine Religion, die vorgibt, dass das bestehende Gesellschaftssystem (Herrschertum) das richtige ist, gibt dem Volke vor, dass es das System so will. Schafft es die herrschende Schicht, die Gottheit als strafend darzustellen, dann muss das Volk sogar die Strafe der Gottheit fürchten, wenn es das bestehende Herrschaftssystem ändern will.
Angst kann aber auch von sich aus Glauben initiieren. Es gibt viele Beispiele, die davon zeugen, dass Menschen in Notlagen plötzlich anfangen zu beten oder zu glauben, auch wenn sie dies ihr Leben lang nicht taten. Sie fingen gemeinsam an zu beten oder zu singen. Den nahenden Tot vor Augen, erzeugt die entstehende Angst vor dem Sterben den Druck, sich etwas übermenschlichem zu widmen, um dem Tod zu entgehen oder ihm die Bedrohung zu nehmen. Angst vorm Sterben bringt Gott ins Spiel. Früher waren es verschiedene Götter, die im Umfeld anerkannt waren. Heute ist es der eine Gott, an dem die Mehrheit der Menschen glaubt.So lässt man sich davon anstecken, was allgemein anerkannter ist. Ebenso gehört es zum menschlichen Verhalten, sich Unterstützung zu wünschen in Situationen, denen man nicht oder nur schwer gewachsen ist. Menschliche Unterstützung tut da schon gut. Übermenschliche, weil göttliche tut Wunder. So dürften besonders unsichere und ängstliche Menschen eher zum Glauben zu bringen sein, wenn man ihnen durch den Glauben Ängste nehmen kann.