Naturwissenschaft ist kein Ersatz für Gott

Ganz bestimmt nicht. „Ich glaube nur, was ich sehen und begreifen kann“, ist keine Alternative zum Gottesglauben. Wer denkt, er könne alle Wunder der Bibel, der Tora, des Koran irgendwann mit naturwissenschaftlichen Mitteln erklären, ist auf dem Irrweg. Schon immer beschäftigt sich der Mensch mit den Dingen und ihren Entstehungen. Daraus wurden irgendwann Regeln, wie etwas nachgewiesen werden muss. Ein Medikament ist dann als Medikament zugelassen, wenn der Hersteller bewiesen hat, das es wirkt. Die Erdanziehungskraft ist dann nachgewiesen, wenn man ein Experiment dazu an jedem beliebigen Ort der Erde zu jeder beliebigen Zeit machen kann und immer das gleiche Ergebnis herauskommt. Stütze ich mich jetzt auf die Erkenntnis, dass nur gilt, was wissenschaftlich erklärbar ist, ist meine Rede schnell beendet. Die menschliche Wahrnehmung ist alles andere als genau. Sehr viele Experimente zeigen, dass sich unser Gehirn, unsere Wahrnehmung ständig täuschen lässt. Wir nehmen die Welt so wahr, wie wir glauben, dass sie ist. Wir werden noch viele wissenschaftliche Erkenntnisse über den Haufen schmeißen müssen, weil sie auf unseren Wahrnehmungen beruhen, die falsch, bzw. anders als bei meinem Mitmenschen sind.
Es gibt nicht wenige Spitzennaturwissenschaftler, die von der Existenz Gottes überzeugt sind, weil sie erkennen, dass viel Dinge so exakt sein müssen, weil sonst alles auseinander fliegen würde. So muss z.B. die Erde mit einer auf eine xte Kommastelle genaue Geschwindigkeit um die Sonne kreisen, weil sie sonst aus ihrer Bahn kommen würde. So eine feine Genauigkeit sprechen einige Astronomen nur einer göttlichen Vorhersehung zu.
Die Naturwissenschaft hat aber auch dazu beigetragen, dass wir Dinge und Zusammenhänge sehen und erkennen, denen vorher Göttlichkeit zugesprochen war. Es gab auf der einen Seite die historische Zeit der Aufklärung im Abendland im 18 Jhd., als das Volk lesen lernte und die Volksfrömmigkeit abgelegt wurde, Machtstrukturen sich veränderten, Kirchenoberhäupter von ihrer weltlichen Macht beschnitten wurden oder beschnitten werden sollten und die Vernunft als wesentliches Merkmal der Sicht der Dinge zu gelten begann. Es gab eine handvoll bibelkritischer und Vernunftreligion propagierender Theologen. Ansonsten versuchte man die neu entdeckte Vernunft, die Ratio, als Geschenk Gottes zu sehen und mit ihr die Vollkommenheit der Schöpfung Gottes zu erkennen. Dass der Mensch Vernunft besitzt, macht ihn zum Ebenbild Gottes. So jedenfalls die christliche Kirche. In der jüdischen Tradition brachte die Haskala, die Aufklärung am Ende des 18 Jhd. im jüdischen Gebiet ebenfalls eine Trennung von weltlicher und religiöser Macht. Erfolgreich war das in West- und Mitteleuropa. In Osteuropa waren die orthodox jüdischen Kreise stärker. Im Islam gab es keine Zeit der Aufklärung. Der Islam war mehr im asiatischen Raum beheimatet und die Zeit der Aufklärung war eine auf Europa bezogene geschichtliche Epoche.
Man unterschied philosophisch in Deismus und Theodizee. Der Deismus sah sich als Vernunftreligion, in der Gott als Schöpfer der Naturgesetze auftaucht, aber aus dem aktuellen Weltgeschehen raus gedrängt wurde, da er der Welt seinen Lauf lässt. Das „Uhrwerk“ Welt wurde ein beliebter Begriff. Man argumentierte mit der Naturwissenschaft, dass das perfekte Zusammenspiel der Natur, dass alle Lebewesen in perfekt organisierten Gleichgewichten lebten, nur von einem vollkommen perfekten Gott hätte geschaffen werden können. Später formulierte man, da unsere Welt doch nicht so perfekt sei, müsse es im Weltraum weitere belebte und von Gott geschaffene, perfekte Welten geben. Es kam eine neue Art der Sichtweise mit Rousseau ins Spiel, als er nach dem Erdbeben in Lissabon von 1755 erklärte, dass die Natur und auch der Mensch von Natur aus nicht schlecht seien, wohl aber die Lebensweisen von Menschen und hier speziell die Art Städte zu bauen Schuld an der Katastrophe hätten. Gott gab den Menschen die Freiheit, Fehler zu machen. Das Theodizee war geboren. Es bestimmt noch heute die christliche Sichtweise. Der Deismus brachte dem Menschen wenig Wohlfühlathmosphäre entgegen und wurde versucht im 19 Jhd. durch Materialismus zu ersetzen, in dem für Gott kein Platz mehr war.