Woher stammt das Wissen über Gott
Im Laufe unseres Lebens haben wir viel über Gott gehört. Das Eine vom Pfarrer/Priester/Imam vor Ort, das Andere aus unserer Familie, Wir haben selber Bücher gelesen und Fernseh- oder Radiobeiträge gesehen und gehört. Es gibt sehr viele Quellen, woher wir das Wissen beziehen können. Letztlich beziehen sich aber alle immer auf die gleichen Schriften: Den Tanach, die Bibel und den Koran.
Juden werden die Tora, einen Teil der Tanach sehr gut kennen, da sie jährlich wiederholt gelesen wird. Auch andere Teile des Tanach werden sie verinnerlicht haben, da ihr Leben danach ausgerichtet ist. Jude zu sein ist nicht nur ein Bekenntnis, sondern auch eine Lebensanschauung. Jude kann nur werden, wer eine jüdische Mutter hat.
Für die Christen liegt das heilige Buch in vielen verschiedenen Versionen vor. Man kann sie in der eigenen Landessprache lesen, obwohl die ursprünglichen Texte in verschiedenen Sprachen abgefasst wurden. Die wenigsten Christen werden dieses Buch jedoch komplett gelesen haben. Man bekennt sich im Laufe seines Lebens zum Christentum mit der Taufe und gehört dann dazu. Man kann auch wieder austreten.
Anhänger des Islam beziehen sich auf den Koran. Einer Schrift, die Muhamad vom Erzengel Gabriel im Laufe von 23 Jahren weitergereicht wurde. Man kann nicht sagen diktiert, weil Muhamad nicht lesen und schreiben konnte. Die Wurzeln liegen wohl bei arabischen Christen, da an den gleichen Gott geglaubt wird, Adam und Eva genauso bekannt ist, wie Mose und Jesu. Nur das Jesu nicht der Sohn Gottes ist, sondern auch ein Prophet war. Die meisten Muslime können den Koran rezitieren. Doch nur eine Minderheit der Muslime spricht hoch arabisch. Deshalb können die meisten Muslime den Koran nicht lesen. Verstehen können ihn die allerwenigsten, da das Arabische des Koran noch mal ein ganz eigenes ist. Den Muslimen wird der Koran von Vorbetern erklärt. Zum Islam kann man durch Geburt und durch Bekennung gelangen. Ein Austreten gibt es nicht. Einmal Islam, immer Islam.
Tun wir erst mal so, als ob die christliche Bibel wahr ist. Welche Version? Wirklich wahr, es gibt mehrere Versionen von Gottes Buch. Alleine die Übersetzung vom sogenannten „Urtext“ in die verschiedenen Landessprachen ist ein Akt der Interpretation. Kann nicht sein, denken Sie? Gott hat doch die Bibel mehr oder weniger diktiert.
Jedoch ist Sprache vom Leben der Menschen geprägt. Also unterschiedliche Lebensweisen bringen unterschiedliche Sprachstile hervor. Nennen sie mir doch z.B. mal 47 Arten von Schnee. Gibt es nicht? Für die Inuit schon. Was der Deutsche mit „Zuhause“ verbindet, gibt es in kaum einer anderen Sprache.
Um weiter zu kommen nehmen wir also einfachheitshalber die Einheitsbibel in Deutsch. Die wäre also jetzt wahr. Fällt den meisten Christen nicht schwer zu glauben. Manche haben damit schon Schwierigkeiten. Wie ist die Bibel zu verstehen, wörtlich oder als Gleichnisse? Da höre ich von Predigern sehr unterschiedliche Auffassungen. Und ich rede nicht von den amerikanischen Predigern, die im TV Massen von Menschen begeistern, und sie zum Spenden für „ihre“ Kirche aufrufen und überzeugen. Ich rede von Priestern und Pfarrern in meiner und ihrer Region.
Ist also Noah in einer Arche über die Erde gesegelt, nachdem Gott eine Sintflut geschickt hat? Ist Moses auf den Berg gestiegen und hat Steintafeln mit runter gebracht, die Gott geschrieben oder diktiert hat? Sprach Gott aus einem brennenden Dornbusch? Ist alles, was eine Frau berührt, die ihre monatliche Regelblutung hat, „unrein bis zum Abend“? Brauchte Gott 144 Stunden um alles zu erschaffen und 24 Stunden um sich auszuruhen? Schuf Gott Eva aus der Rippe des Adam? Sie merken, Wahrheit wird plötzlich dehnbar oder sie gehören zu den Hardcorechristen, die die Bibel wörtlich nehmen, z.B. deshalb, weil sie von Gott wörtlich diktiert wurde. Dazu zwei Dinge: warum steht in den ersten Briefen von Paulus, dass das Ende der Welt nah ist (Theologen sprechen von der „Naherwartung“) und am Ende, dass es noch lange bis zum jüngsten Gericht dauert („Fernerwartung“). Hat Gott sich plötzlich umentschieden? Das passt aber dann nicht dazu, dass er die Bibel diktiert hat (mal in Altgriechisch, mal in Latein, mal in hebräisch...). Der andere Ansatz ist ein pragmatischer: wer würde mir glauben, wenn ich behaupten würde, dass Gott mir ein Buch diktiert hat, oder zumindest einen kleinen Text? Ich müsste Beweise dafür liefern. Und selbst dann würde die Mehrheit der Menschheit mir nicht glauben. Wohl aber dem Buch der Bücher, dessen Inhalt ohne Interpretationen nicht zu übernehmen ist.
Aber es ist die Quelle dessen, was wir über Gott zu wissen glauben: geschriebene Worte auf Pergament, Papier, Papyrus, Tonscherben oder anderes. Wir glauben, was in den vier Evangelien der Bibel im sogenannten „Neuen“ Testament“ steht. Nicht aber glauben wir, was im fünften Evangelium nach Thomas steht, weil es eine apokryphe Schrift ist (auch ich liebe Fremdworte), also eine Niederschrift, die aus religionspolitischen Gründen nicht mit aufgenommen wurde, weil sie erst nach der Fassung der kanonischen Bibel entstanden ist, oder weil ihr Verfasser bzw. dessen Autorität nicht genügend anerkannt war. Kanonische Bibel? Bibelkanon? Es klärt, welche Texte zur Bibel dazu gehören und welche nicht. Auch im christlichen Glauben spielen jüdische Riten eine große Rolle. So wurde aus den fünf Büchern Moses im jüdischen die Tora und im christlichen der Pentateuch, mit Erweiterungen der Tanach und weiter zum Alten Testament (für die Katholiken mit zusätzlichen Texten, für die Protestanten ohne). Welche Texte dazu gehören sollten und welche nicht, klärten Kommissionen und legten dies z.B. im Bibelkanon fest.